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Politik

#servergate: Durchsuchungsbeschluss geleakt


Zur Durchsuchung des Rechenzentrums in Offenbach vom Freitag den 20. Mai 2011, bei dem ein Großteil der Server der Piratenpartei beschlagnahmt und teilweise durchsucht worden war, wurde heute morgen offenbar der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Darmstadt vom 19. Mai geleakt. Die betroffene Firma bestätigte auf unsere Anfrage hin die Authentizität des Inhalts.

Der Beschluss bestätigt auch die bisherigen Berichte nach denen die Behörden versuchten, über die Beschlagnahme an Informationen über Verdächtige zu kommen, die möglicherweise an Angriffen auf die Webseite des französischen Energiekonzerns EDF beteiligt waren. Im Beschluss dagegen nicht genannt wird der von der Piratenpartei verkündete Sachverhalt, es sei nach einem SSH-Schlüssel gesucht worden.

Fehlendes Rechtshilfeersuchen, mangelhafte Rechtsgüterabwägung

Die Tatsache, dass es sich beim Betreiber der betroffenen Dienste um eine Partei mit besonderem Schutz nach Art. 21 Grundgesetz handelte, deren gesamte Kommunikationsinfrastruktur durch die Maßnahme für viele Stunden lahmgelegt wurde (und wohl für Wochen durch dauerhafte Server-Beschlagnahme ausgeschaltet worden wäre, wenn sie nicht vor Ort kooperiert hätte), spielte in der Abwägung desGrundrechtseingriffs offenbar keinerlei Rolle. Eigentlich kann dem richterlichen Beschluss attestiert werden, dass überhaupt keine entsprechende Rechtsgüterabwägung stattgefunden hat.

Rechtsanwalt Thomas Stadler weist in seinem Blog Internet-Law.de noch auf eine andere wichtige Tatsache hin, die in der bisherigen Diskussion ziemlich untergegangen ist: Durchsucht wurden ja nicht Räume der Piratenpartei, sondern ein Rechenzentrum in Offenbach, das lediglich IT-Dienstleistungen erbringt. Da dessen Betreiberfirma nicht Beschuldigte im Verfahren ist, wären für die Durchsuchung ihrer Räumlichkeiten eigentlich noch deutlich höhere Anforderungen an die Verhältnismäßigkeitsprüfung zu stellen gewesen. Stadler kommt insgesamt zu dem Schluss, dass der Beschluss des AG Darmstadt bereits “bei rudimentärer Prüfung evident unverhältnismäßig und rechtswidrig” sei.

Entgegen der Aussage der Staatsanwaltschaft Darmstadt, es habe ein “justizielles Rechtshilfeersuchen” vorgelegen, bestätigt der veröffentlichte Beschluss auch die Version der Piratenpartei, dass die Übermittlung eines solchen Ersuchens lediglich angekündigt worden sei. Nach Ansicht des Richters war die Beschlagnahme vorab dennoch “aufgrund der Flüchtigkeit von Daten im Internet” zu rechtfertigen. Straftverteidiger Udo Vetter, schätzte den Vorgang auf Twitter spontan als “vorauseilenden Gehorsam deutscher Gerichte gegenüber der französischen Justiz” ein.

Piratenpartei: “Beschluss war rechtswidrig”

Die Piratenpartei hat derweil Beschwerde eingelegt (Beschwerdeschrift, PDF) und beantragt, den Beschluss aufzuheben, sichergestellte “Gegenstände” herauszugeben, gespeicherte Daten zu löschen und festzustellen, dass der Beschluss rechtswidrig war.  Der Beschluss verstoße “klar gegen das Übermaßverbot”, da er “im wahrsten Sinne des Wortes “maßlos”“ und damit echtswidrig sei. Die Sache wird also noch ein interessantes juristisches Nachspiel haben.

(Der veröffentlichte Text enthält einen Schreibfehler im Wort “Darmstat” im Seitenkopf und auch die Domain an einer Stelle genannte Domain “piraten-pad.de” existiert nicht, was einerseits misstrauisch macht, allerdings auch auf OCR-Scan- oder Abtippfehler zurückzuführen sein kann. Das Aktenzeichen stimmt mit dem überein, das gestern bereits auf Twitter die Runde machte. [Update: Die Piratenpartei bestätigt, dass die Schreibfehler so auch im Original zu finden sind.])

Der veröffentlichte Inhalt des Durchsuchungsbeschlusses

Update: Da es verschiedene Aussagen gibt, ob die Veröffentlichung des Durchsuchungsbeschlusses jetzt legal (im Sinne der Pressefreiheit) oder illegal (eben nicht im Sinne der Pressefreiheit) ist, verlinken wir der Einfachheit halber auf die Quelle bei pastebin.

Quelle: Netzpolitik

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